Einfach da sein und zuhören
OPFERHILFE: der WEISSE RING Euskirchen hat 2015 wieder vielen Menschen in Not mit Rat und Tat geholfen
Kreis Euskirchen. Der Grundsatz "Tue Gutes und rede darüber" gilt für Rudi Esch, Leiter der Außenstelle Euskirchen des WEISSEN RINGS, nur eingeschränkt. Gutes tun? Unbedingt und gerne. Darüber reden? "Das wird eher schwierig, denn Datenschutz und Verschwiegenheit zum Schutz des Opfers ist bei unserer Arbeit unerlässlich und Vertraulichkeit oberstes Gebot."
Eine Jahresbilanz ist bei der Euskirchener Außenstelle des Opfervereins von daher auch nicht mit spektakulären Fallbeispielen gespickt. Soviel aber kann Esch sagen: "Unsere Hilfen wurden im vergangenen Jahr in 106 Opferfällen erbracht." Wobei oftmals mehrere Personen gleichzeitig betroffen waren, so dass die Zahl der betreuten und beratenen Opfer weitaus höher ist.
Das wohl Wichtigste bei der Arbeit des WEISSEN RINGS ist der menschliche Beistand, den die Ehrenamtlichen des WEISSEN RINGS leisten. Oft heißt es einfach nur zuhören, wenn sich Kriminalitätsopfer an den WEISSEN RING wenden. Darüber hinaus werden Opfer auch zu Vernehmungen und zu Gerichtsterminen begleitet. Der WEISSE RING hilft beim Ausfüllen von Formularen, beispielsweise wenn es um Anträge nach dem Opferschutzgesetz geht. Auch die Hilfestellung im Umgang mit Behörden gehört zum Tagesgeschäft der ehrenamtlich Engagierten des WEISSEN RINGS. Im materiellen Bereich wurde im vergangenen Jahr ebenfalls wieder Hilfe geleistet. So wurden vielen Opfern Schecks für eine anwaltliche Erstberatung übergeben. "Wenig bekannt ist bislang noch der Scheck zur gerichtsverwertbaren Spurensicherung nach Gewalterfahrung", so Esch. Häufig seien dies Opfer häuslicher Gewalt, die noch nicht sicher sind, ob sie gegen den Täter Anzeige erstatten wollen, die aber die Spuren der Tat anonym sichern lassen wollen. Diese werden dann zehn Jahre in der Gerichtsmedizin verwahrt.
Der WEISSE RING kann auch Anwaltskosten übernehmen, wenn es um die Durchsetzung von Opferrechten geht. Und manchmal ist auch finanzielle Soforthilfe vonnöten: Beispielsweise wenn ein Einbruchsopfer nicht in seiner zerstörten Wohnung bleiben kann und vorerst in einem Hotel übernachten muss.
Sehr viel Zeit und Engagement verwendete Rudi Esch in den letzten Jahren darauf, im Auftrag der Bundesregierung für das Ergänzende Hilfesystem (EHS) im Fonds sexueller Missbrauch beratend tätig zu sein. Der Fonds wurde aufgestellt, um Opfer, die als Kinder oder Jugendliche von einem Familienmitglied sexuell missbraucht wurden, durch die Finanzierung von Hilfsmöglichkeiten zu unterstützen. "Diese Menschen haben oft über Jahre hinweg geatmet, aber nicht mehr gelebt", weiß Rudi Esch. "80 Prozent der gestellten Anträge sind positiv beschieden worden, was sehr erfreulich ist. Die Opfer haben teils therapeutische Hilfsangebote damit finanziert, andere haben Selbstbehauptungskurse besucht oder ihren Schulabschluss nachgeholt." Noch bis Ende April kann man EHS-Anträge stellen, die mit bis zu 10 000 Euro pro Antragsteller beschieden werden.
"Bei unseren sehr großen finanziellen Aufwendungen erhalten wir keine staatlichen Hilfen, der WEISSE RING finanziert seine Arbeit ausschließlich über moderate Mitgliedsbeiträge, Spenden, Bußgelder und Testamentszuweisungen", so Esch. Neuerdings gebe es immer häufiger Zuwendungen von Bürgern, die einen runden Geburtstag feiern und sich anstatt Geschenken lieber Spenden für den WEISSEN RING wünschen. "Und auch Trauerspenden kommen uns häufiger zugute."
Wer Kriminalitätsopfer in der Region unterstützen oder mehr über die Arbeit des WEISSEN RINGS erfahren möchte, kann sich direkt telefonisch oder per E-Mail an Rudi Esch wenden,
02251 7775810.